· 

Aussprachefehler korrigieren

Bei der Korrektur von Aussprachefehlern sollten Lehrende besonders sensibel vorgehen. Das hat mehrere Gründe:

Die meisten sind es von der Schule her gewohnt, dass nur auf grammatikalische Korrektheit oder auf das Lösen von eindeutigen Aufgaben Wert gelegt wird. Aufgrund dieser Lerntradition werden Korrekturen dabei akzeptiert oder sogar eingefordert. Aussprachekorrekturen dagegen sind für viele ungewohnt und können Scham oder Unwohlsein erzeugen.

Denn die Art, wie wir sprechen, ist Teil unserer Identität (zumindest ab dem Teenageralter). Hier korrigiert zu werden, fühlt sich mitunter an, als wäre man nicht in der Lage zu sprechen. So, als ob man also ein „Mängelexemplar“ wäre. Die Korrektur wirkt oft tief auf das Selbstverständnis als Person ein und kann für den einen oder die andere verletzend sein.

Außerdem ist Sprechen ein hochautomatisierter Prozess. Wir denken beim Sprechen an den Inhalt unserer Botschaft, den wir vermitteln möchten. Unsere Sprechwerkzeuge funktionieren dabei von ganz allein, ohne dass wir darüber nachdenken, was die Zunge oder die Lippen als Nächstes tun sollen. Deshalb sind manche Erfolge beim Aussprachetraining auch sofort wieder zunichte, sobald die Konzentration von der Aussprache weggeht. Zumindest bei Erwachsenen. Sie verfallen oft schnell zurück in das bekannte (motorische) Muster.

Wann und wie viel soll man im Unterricht also korrigieren?

Vorschläge:

  • Besonders auf A-Niveau möglichst direkt/bald, bevor sich Fehler einschleifen. Konkrete Phonetik-Übungen einbauen: „Heute will ich euch zeigen, wie man den Laut ö macht.“ Wenn die Lernenden wissen, dass Aussprache explizit Thema ist, können Korrekturen in dieser Phase leichter angenommen werden.
  • Die Lernenden vorab darüber informieren, worauf in dieser Unterrichtsstunde geachtet wird: „Heute haben wir einen Ö-Tag. Achtet also besonders auf die Aussprache von „ö“. Wenn ihr Fehler hört, helft und korrigiert euch gern gegenseitig. Ich werde auch ausschließlich Fehler bei „ö“ korrigieren.“
  • Möglichst in der Gruppe und für alle korrigieren (durch Sprechen im Chor). Keine einzelnen Lernenden herauspicken und vor der Gruppe bloßstellen.
  • Individuell korrigieren durch Herumgehen während der Partner- oder Gruppenarbeit.
  • Individuell korrigieren, indem Lernende kleine Audios/Videos an die Kursleiterin / den Kursleiter schicken. So entsteht die Chance für individuelles Feedback und Beratung. Dabei zuerst das Gelungene loben („Deine Aussprache ist gut verständlich und du achtest sehr gut auf die langen Vokale …“) und Korrekturen auf wertschätzende Art und Weise. („Hier kannst du noch besser werden: …“)
  • Niemals während des freien Sprechens Aussprachefehler korrigieren, sondern als Kursleiter/-in nur gut zuhören, Fehler sammeln und eine kleine Auswahl von besonders markanten Fehlern hinterher gemeinsam für alle ansprechen (ohne Bezug auf die Person zu machen, die den Fehler gemacht hat).
  • Schwerpunkte setzen! Es muss nicht alles kontrolliert und nicht alles korrigiert werden. Manches auch bewusst beiseitelassen. Denn: Verständlichkeit geht vor Perfektion!